Karen Meyer lebt mit ihrer Familie seit ca. 23 Jahren in Quelle. Nach einer Ausbildung zur Industriekauffrau und darauf folgenden Weiterbildungsmaßnahmen zur Fremdsprachenkauffrau und Außenhandelskauffrau hat sie in mehreren Industrieunternehmen im Bereich Vertrieb/Export sowie Marketing gearbeitet. Derzeit unterstützt sie das Gesundheitsamt Bielefeld bei der Bewältigung der Corona-Pandemie. Seit ca. 3 Jahren ist Karen Meyer Mitglied der Bündnis 90 / Die GRÜNEN und wurde 2020 in die Bezirksvertretung Brackwede gewählt. Dort tritt sie als stellvertretende Fraktionsvorsitzende für ihre Herzensthemen ein: • Zukunft durch Bildung |
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Karl-Ernst Stille Der 1951 in Löhne geborene Lehrer für Naturwissenschaften unterrichtete an mehreren weiterführenden Schulen in Bielefeld. Er ist Vater eines erwachsenen Sohnes und Großvater zweier Enkeltöchter. Seit 1999 Mitglied der GRÜNEN, verbrachte er mehrere Jahre als Beisitzer im Vorstand des KV-Bielefeld und übernahm 2004 den Fraktionsvorsitz in der Bezirksvertretung Brackwede. Zu seinen politischen Schwerpunkten zählen die Themen Energie, Verkehr, Bildung und Wirtschaft. Im Jahre 1990 verkaufte er sein letztes Auto, seitdem ist er „ohne Auto mobil“. |
QB: Bei der letzten Kommunalwahl im September 2020 erzielten die GRÜNEN für die Bezirksvertretung im Stadtbezirk Brackwede mit 20,24% (Quelle ca.26, 5%) ihr bisher bestes Ergebnis und das mit einer relativ neuen Mannschaft. Sehen Sie diesen Erfolg als Ergebnis Ihres kommunalen Einsatzes oder hat ein einsetzender bundesweiter Trend mitgeholfen?
Stille: Es ist in solchen Fällen immer beides der Fall. Es gibt zahlreiche GRÜNE Erfolge im Bereich der Brackweder Kommunalpolitik, der Wahlkampf war engagiert und authentisch.
Meyer: Die Wahl der Bürger:innen entsprach dem Bundestrend, geprägt von dem Wunsch nach Veränderungen und dem entschiedenen Fokus auf Themen wie z.B. Klimaschutz und Verkehrswende.
QB: Die CDU verzeichnete ebenfalls erhebliche Stimmengewinne und stellt mit 6 Sitzen die stärkste Fraktion, trotzdem konnte sich ihr Kandidat für die Position des Bezirksbürgermeisters letztlich nicht durchsetzen. Belastet das die Zusammenarbeit in der Bezirksvertretung?
Meyer: Die CDU konnte ihre Mehrheit in Brackwede knapp verteidigen. Mit respektabler Mehrheit der Stimmen haben allerdings die Parteien Bündnis 90/Die GRÜNEN, SPD mit je 4 Sitzen und die Linke (1 Sitz) und somit für die Bezirksvertretung Brackwede einen klaren Wählerauftrag erhalten. Hier treffen grundlegende politische Gemeinsamkeiten zusammen, die in vielen Fragen der Sachpolitik eine zukunftsträchtige und stabile Mehrheit bilden.
Stille: Somit wurde auch der Bezirksbürgermeisterkandidat der SPD mit breiter Unterstützung demokratisch gewählt. Die CDU stellt den stellvertretenden Bezirksbürgermeister. Die Arbeit in der Bezirksvertretung verläuft trotz einiger inhaltlicher Differenzen im Allgemeinen ohne Belastungen und immer im Sinne der Brackweder Bürger:innen. So werden auch derzeit viele Beschlüsse einstimmig getroffen.
QB: Kommen wir nach Quelle. Nachdem die Arbeiten im Neubaugebiet Augustastraße in Quelle zügig fortschreiten, wurde nun auch das Baugebiet Arminstraße am Haltepunkt Kupferheide abgesegnet. Im Wahlprogramm kündigen die GRÜNEN an, sich für klimagerechte Wohngebiete einzusetzen. was könnte davon noch in diese Planungen einfließen?
Meyer: Wir haben für dieses Baugebiet eine Reihe von Ideen für eine klimaneutrale Siedlung mit Pilotcharakter. Regenerative Energieerzeugung sowie extensive Dachbegrünung als Kompensation zur Flächenversiegelung gehören für uns selbstverständlich dazu. Individuelle Wohnqualität bei positiver Klimabilanz ist eine der Herausforderungen, die es aktuell zu meistern gilt. Diese Themen müssen wir mutig angehen – und zwar jetzt!
Stille: Wir diskutieren hier auch die Möglichkeit eines autoreduzierten Wohngebietes. Die Infrastruktur wie direkter Bahnanschluss und Buslinien vor der Tür sprechen absolut dafür.
QB: Viele Queller Bürger:innen befürchten durch die weitere Ausweisung von Neubaugebieten eine Überforderung der Infrastruktur (Schulen, Kitas usw.) Wie sehen Sie das, bzw. wie soll dem begegnet werden?
Meyer: Das ist ein Grund, warum die Errichtung von Neubaugebieten um jeden Preis mit uns nicht zu machen ist. Wir sehen natürlich die Notwendigkeit für weitere, bezahlbare Wohnangebote. Aber zu oft werden die Konsequenzen, wie fehlende Kita- und Schulplätze oder Verkehrsüberlastung erst zu spät bedacht. Der ÖPNV muss angepasst werden, Angebote für Jugendliche in Quelle sind bislang absolut vernachlässigt worden und müssen bei weiter steigenden Einwohnerzahlen unbedingt in Angriff genommen werden. Aber auch die ärztliche Versorgung ist ein Thema bei immer wachsender Bevölkerung. Für das Baugebiet Arminstraße liegt eine optimale Verkehrsanbindung vor.
Stille: Mit dem Bebauungsplan einhergehend ist zumindest eine weitere Kita für Quelle vorgesehen. Die Planungen für eine Erweiterung der Grundschule laufen, auch wenn das in unseren Augen durchaus schneller gehen könnte. Mit der Forderung einer weiteren, unserer Ansicht nach dringend erforderlichen Grundschule im Queller Zentrum konnten wir uns bisher leider nicht durchsetzen, werden dieses Thema aber nicht aus den Augen verlieren.
QB: Programm der GRÜNEN. In Quelle stehen dem heute allerdings einige, teils gefährliche, Schwachstellen entgegen. Die Radfahrstreifen an der Carl-Severing-Straße sind schmal und viele Radler wechseln auf die Bürgersteige um nicht von LKW und Bussen bedrängt zu werden (Kreisel Combimarkt). Die Überquerung der Kreuzung Café Sport z.B. zum Radweg über dem Ostwestfalendamm ist nicht radfahrerfreundlich. Sehen Sie da auch Handlungsbedarf?
Stille: Die Kreuzung Café Sport wird im Zuge der Umsetzung des Radverkehrskonzepts in der nächsten Zeit vollständig umgebaut, so dass hier für Fahrradfahrer das Leben sicherer und komfortabler wird. Im Anschluss an die Kreuzung müssen die Schutzstreifen an der Carl-Severing-Straße noch einmal überdacht werden. Die momentanen Radfahrstreifen sind nicht ideal. Sie schaffen zwar für die Fahrradfahrer:innen einen eigenen Fahrstreifen, der aber den Fahrradfahrenden nur vermeintlich Sicherheit gibt.
Meyer: Absolut richtig! Leider stoßen wir räumlich immer wieder an Grenzen. In den früheren Verkehrsplanungen wurde der Autoverkehr priorisiert, nachträglich mehr Platz für einen sicheren Fahrradverkehr zu schaffen, ist eine Herausforderung. Das sieht man in Quelle an diesen Stellen ganz deutlich, auch wenn bereits versucht wurde, die Situation zu verbessern.
QB: Viele Queller Bürger:innen sprechen sich für ein durchgehendes Tempolimit von 30 km/h auf der Carl-Severing-Straße im Bereich der Nahversorgung aus (z.B. Ottostraße bis Kreisel Marienfelder-Straße) auch zum Schutz der Radfahrer. Wie stehen Sie zu dieser Forderung?
Stille: Ein durchgehendes Tempolimit auf der Carl-Severing-Straße und auch der Marienfelder Straße macht absolut Sinn und dazu positionieren wir uns ganz klar. Noch vor der Sommerpause werden wir in der Bezirksvertretung auf beiden Straßen durchgehend Tempo 30 beantragen.
Meyer: Die Argumente gegen ein Tempolimit sind nicht nachvollziehbar, es sollte doch immer primär um die Sicherheit und Wohnqualität unserer Bürger:innen gehen.
QB: Die Versickerungsfläche an der Finnbahn hat sich zu einem kleinen Biotop entwickelt. Ruhesuchende sind für den Grünstreifen mit Blickachse zur Hünenburg dankbar. Nun laufen gerade Überlegungen über ein kleineres Wasserrückhaltebecken aus Beton und eine anderweitige Nutzung der übrigen Fläche. Bei Bürger:innen wird die Einrichtung eines Dorfplatzes, ohne Versiegelung, als Festplatz oder ähnlich und oder eine Erweiterung des bestehenden Spielplatzes in die Fläche diskutiert. Wie ist dazu Ihre Meinung?
Stille: Die Regenwasser-Versickerungs- und Rückhalteanlage kann und wird voraussichtlich in der bestehenden Form erhalten werden. Dafür haben wir uns in der Bezirksvertretung stark gemacht. Anderweitige Nutzungen an dieser Stelle unterstützen wir nicht.
Meyer: Wir möchten das dort entstandene und ökologisch sehr wertvolle Biotop unbedingt schützen. Darüber hinaus wäre ein Dorfplatz in Quelle natürlich sehr wünschenswert und wir werden uns bemühen, mit den Bürgern alternative Lösungen zu finden.
QB: Der kommunale Queller Friedhof ist vor genau 100 Jahren eingerichtet worden. Auch hier bestand ja der Plan der Auflösung und Umwandelung in eine Parkanlage. Auf Grund von Bürgereinwänden wurde der Plan fallengelassen. Darf man davon ausgehen, dass diese Entscheidung Bestand hat?
Stille: Wir sehen hier in absehbarer Zeit keinen Entscheidungs- oder Handlungsbedarf.
Meyer: Dieser Friedhof in seiner jetzigen Form ist unserer Ansicht nach auf jeden Fall erhaltenswert.
QB: Kommen wir nochmal auf das Wahlprogramm zurück. Dort ist festgehalten, die GRÜNEN streben an, alle bestehenden städtischen Gebäude bis 2030 klimaneutral zu gestalten. Das Gemeinschaftshaus Quelle, genutzt von vielen Vereinen und Einrichtungen, zählt als städtisches Gebäude dazu und muss auch irgendwann der geforderten Barrierefreiheit entsprechen. Wie stellen Sie sich die Maßnahmen zum Erhalt dieses, für Queller Bürger:innen wichtigen Gebäudes vor?
Stille: Das Gemeinschaftshaus in Quelle wollen wir erhalten und angemessen energetisch sanieren. Für den barrierefreien Zugang soll mittels einer Rampe und eines weiteren Gebäudeeingangs auf der Ostseite gesorgt werden.
Meyer: Ein entsprechendes Konzept für die Sanierung städtischer Gebäude wird auf Ratsebene bereits erarbeitet. Die Kosten-/Nutzenanalyse läuft, möglicherweise wird ein Neubau wirtschaftlicher und auch sinnvoller sein. Grundsätzlich präferieren wir eine Sanierung, um der zunehmenden Knappheit von Rohstoffen im Bausektor entgegenzuwirken. Es muss im Einzelfall sehr genau geprüft werden, ob der Erhalt bestehender Gebäude unter diesem Aspekt nicht doch die bessere Option ist. Auf jeden Fall muss ein Ort wie dieser für die Queller Bürger:innen im Zentrum bestehen bleiben.
QB: Frau Meyer und Herr Stille herzlichen Dank dafür, dass Sie zu diesem Wortwechsel bereit waren und sich Zeit für die Beantwortung unserer Fragen genommen haben. Wir wünschen Ihnen persönlich und für die Arbeit in der Bezirksvertretung eine glückliche Hand und alles Gute.
Das Interview wurde digital geführt, die Fragen stellte Horst Brück