Kreuzweg zum Jostberg – ein Spaziergang zur Klosterruine

Karfreitag 2017. Wie schon traditionell seit 2011 findet heute nach dem Gottesdienst der Kreuzweg
zur Klosterruine auf dem Jostberg statt. Gott, der Herr, hat sich erweichen lassen: nach drei Jahren
Kreuzweg im Dauerregen ist es diesmal zwar bedeckt, aber trocken.

Gut 30 Personen stehen um das Kreuz herum, als Pfarrer Matthias Dreier zum Aufbruch drängt. Bibelstelle – Gebet – Liedstrophe, dieser Ablauf wird uns an allen sieben Stationen des Kreuzwegs begleiten. Und die erste Liedzeile „Holz auf Jesu Schulter“, noch vor der Johanneskirche gesungen, verdeutlicht, was viele Teilnehmer aus der Gruppe erwartet: einen Teil der Wegstrecke zur Ruine mit dem Kreuz auf der Schulter zurückzulegen.

Zügig geht es voran, denn die Gruppe will pünktlich an der Ruine erscheinen, wo es ein Zusammentreffen mit katholischen Kreuztrachtlern aus der Heilig-Geist-Gemeinde in Dornberg gibt.

Der Biohof Bobbert erlaubt den direkten Durchgang, an der B 68 stoppen Polizisten den Verkehr, und man erschrickt, wie viele Fahrzeuge in dem kurzen Moment der Überquerung halten müssen. Wie Moses mit den Israeliten den beidseitig aufgestauten Nil durchquert, so gelangen wir gefahrlos auf die andere Seite, und hinter uns flutet der Verkehr wieder zusammen.

Der Weg wird anstrengender, immer den Berg hinan, aber die einzelnen Stationen dazwischen bilden angenehme Pausen, um ein wenig Atem zu schöpfen. Bibelstelle – Gebet – Liedstrophe; danach klappt der Wechsel der Kreuzträger unabgesprochen, zumeist nach kurzem Blickkontakt, wie von allein. Kaum setzt die Gruppe sich wieder in Bewegung, so beginnen erneut auch die Gespräche untereinander, und leider haben sie zumeist keinen Bezug zum Leidensweg Christi. Mir mit meiner katholischen Sozialisation und Kreuzwegerfahrung wäre eine stillere, andachtsvollere Kreuztracht erheblich lieber – so wirkt alles wie ein Spaziergang des Heimat- und Geschichtsvereins (der im übrigen Mitveranstalter des Kreuzwegs ist), nicht wirklich religiös, und die Stationen sind eher ungewollte Unterbrechungen der Gespräche.

Als wir nach der siebten Station an der Ruine anlangen, treffen wir auf die etwa 60 Kreuzwegler der Heilig-Geist-Gemeinde, die fast gleichzeitig mit uns angekommen sind. Kreuz stellt sich zu Kreuz, es wird ruhig, und die beiden Pfarrer Matthias Dreier und Markus Jacobs gestalten gemeinsam die letzte Station – katholische und evangelische Christen in gemeinsamem Gebet und Gesang vereint.
Abschließend erfolgt der Segen, von beiden Geistlichen gespendet, verbunden mit dem Wunsch, im nächsten Jahr wieder gemeinsam hier zu stehen: gelebte Ökumene.