Am 19. September bot der Heimat- und Geschichtsverein Quelle kurzfristig eine Führung durch den Möller-Park an. Wegen der Corona-Pandemie war die Teilnehmerzahl begrenzt auf 17 Personen. Deswegen und wegen des großen Interesses war die Veranstaltung schnell ausgebucht.
Wir trafen uns am Samstagmorgen um 11:00 Uhr bei herrlichem Spätsommerwetter vor dem heutigen Gästehaus der Möller-Werke. Die Führung übernahm Hans-Georg Zaudtke von der Firma, der sofort mit seinen Erläuterungen begann.
Dr. Karl Möller ließ das „Rote Haus“ in einem neugotischen Mischstil 1883 für sich und seine Familie errichten. Bezogen wurde es allerdings erst drei Jahre später. Viele Jahre diente es als deren Domizil. Heute beherbergt das Gebäude noch Konferenzräume, die von den Mitarbeitern der Firma genutzt werden. Es steht unter Denkmalschutz.
Hinter dem Haus haben wir dann einen sehr schönen Blick auf einen Teil des Parks. Dieser ist von außen nur rudimentär einsehbar und wir sind überrascht von der Großzügigkeit der Parklandschaft. Unterteilt wird sie durch den Lauf der Lutter. Der Park ist den Englischen Gärten nachempfunden und soll nach Aussage von Fachleuten der schönste seiner Art in Deutschland sein. Die Gärtner haben u. a. eine Sichtschneise geschaffen, die den Blick freigibt bis zur Hünenburg. Kein Gebäude oder technische Einrichtung stört die Sicht dorthin.
Wir durchwandern den Möller-Park, auch bekannt als Kupferhammer-Park. Dieser erstreckt sich hinter den Fabrikgebäuden von der Brockhagener Straße bis zum Bahndamm und fast bis zur Gütersloher Straße. Der südliche Teil wird begrenzt durch die Fabrikmauer. Wir Teilnehmer sind fasziniert von der Größe und Schönheit des Parks. Die weitläufigen Rasenflächen, eingebettet in eine sanfte Hügellandschaft, umrahmen drei große Teiche, die in der Vergangenheit gewerblich genutzt wurden. Unterbrochen werden sie u. a. von seltenen alten Baumarten, Flieder- und Rhododendronbüschen. Die Blütendüfte im Frühjahr, die uns Teilnehmern beschrieben werden, können wir nur ahnen. Mit dem Blick von dem „Gelben Haus“ von 1906 zum Park haben die Gärtner eine weitere wunderschöne Sichtachse geschaffen.
Das im klassizistischen Baustil 1881 erbaute sogenannte „Weiße Haus“ und das schmucke Schieferhaus von 1772/1773 begrenzen den Park nach Süden zusätzlich. Mit letzterem brachte der Schwiegersohn von Johann Theodor Möller – Abraham Nottebohm – die Baukultur des Bergischen Landes, der Heimat seines Schwiegervaters, nach Brackwede. Beide Häuser dienten den Familien Möller/Nottebohm als Wohnhäuser. Damals waren Lärm und Gestank Teil des Unternehmerdaseins der Familien. Heute beherbergt das Schieferhaus eine Kita.
Interessant war auch der reetgedeckte, denkmalgeschützte Eiskeller aus dem Jahr 1878 gegenüber, er ist eher ein kleiner Turm. Dort wurden seinerzeit Eisblöcke, die im Winter aus dem Eis des daneben liegenden Teiches geschnitten wurden, als Kühlungsmittel aufbewahrt. Dadurch konnten Arbeiter, die im Winter ihre eigentliche Arbeit nicht mehr ausführen konnten, weiter beschäftigt werden.
Schön ist auch das Teehäuschen von 1880 im Verlauf des Parks. In dem trafen sich die Familien im Sommer zum Tee und zur Unterhaltung.
Spannend wurde es noch einmal auf dem Familienfriedhof von 1818, der zum Park gehört und auf dem bis heute Familienmitglieder bestattet werden, praktisch an der eigenen Fabrikmauer. Wir erfuhren Wissenswertes über die Familiengeschichte, den Firmengründer Johann Theodor Möller, der Heirat seiner Tochter mit dem Kaufmann Abraham Nottebohm, dem Erbauer des Schieferhauses, der Gründung der Gerberei 1827 und der Beendigung der Kupferverarbeitung im selben Jahr durch Theodor Adolf Möller. Den Adelstitel führt die Familie seit 1905, als Theodor Möller – Enkel des Gerbereigründers, Mitglied des Reichstages und späterer preußischer Handelsminister – geadelt wurde.
Nach ca. zwei Stunden Spaziergang und Exkursion verließen die Teilnehmer beeindruckt und fasziniert den Park. Den meisten war vorher nicht bekannt, welches Juwel sich da direkt vor ihrer Haustür befindet. Reinhard Kräuter bedankte sich im Namen des HGV bei Hans-Georg Zaudtke für die interessante Führung mit einem Weinpräsent. (Hans-Georg König)