Rudolf-Oetker-Halle bekommt Besuch vom HGV Quelle

22 Mitglieder trafen sich am 17. Oktober 2024 vor dem Haupteingang der Rudolf-Oetker-Halle, allen als viel gerühmtes Konzerthaus mit herausragender Akustik bekannt, sogar aus eigenen Besuchen bei den unterschiedlichsten Musik-Ereignissen. Aber wie wird in diesem Bau aus 1930 geheizt, belüftet, gekühlt, wo halten sich Dirigent, Orchester- oder Chormitglieder und Solokünstler auf, wie kommen die auf die Bühne, kann man hinten im Saal wirklich auch die kleinste Feinheit hören und woran liegt das? Zu den meisten dieser Fragen hatten unsere beiden Führer Georg Stimpfle (Saxofonist) und Werner Pähler (Bühnenmarketing Stadt Bielefeld) eine einleuchtende Antwort.

Der von Akustiker Eugen Michel konzipierte Bau wurde 1929/30 wurde nach dem Tod des Oetker-Sohnes Rudolf von seiner Mutter mit 1,5 Mio Reichsmark bezuschusst. Er wurde die Heimat von Musikverein und städtischem Orchester, die vorher ab 1904 entweder im Stadttheater oder in der Schützenhalle auf dem Johannesberg unter Leitung von Wilhelm Lamping Konzerte gaben. Beides sind keine dafür vorgesehenen Musikspielräume, aber Lamping war wohl schon so zufrieden, nachdem er seit 1886 ein eigenes Musiktheater gefordert hatte. Leider starb er im Jahr 1929 und erlebte die Eröffnung nicht mehr.

Der große Saal ist 54 mal 24 Meter lang und breit und 11 m hoch und bietet 1500 Plätze. Auf diesen Umfang ist jedes Detail im Saal akustisch abgestimmt, von den Rundbogenfenstern bis zur Stoffbespannung im Rang, der Schall aufnehmen kann. Er ist mit Wänden aus Rio-Palisander getäfelt, mit einer weiß gestrichenen abgehängten Sperrholzdecke und Parkettfußboden versehen und mit Lampenschirmen mit Flügeln zum Zerstreuen des Schalls ausgestattet. Alles schwingt und gibt laut Georg Stimpfle den Musikern auf der Bühne jedenfalls das Gefühl, das der von ihnen erzeugte Ton getragen wird. Und tatsächlich war es auch bei uns so, dass niemand darüber klagte, das Erzählte nicht zu verstehen, selbst dann nicht, als Herr Stimpfle sich auf die Bühne begab und ohne Mikrofon weiter berichtete. Deshalb nehmen auch heute noch bestimmte Produktionen ihre Musik in der Oetker-Halle auf und müssen selten etwas wiederholen.

Es gibt aber nicht nur den zweifellos akustisch besonderen Konzertraum, sondern auch notwendige Zutaten wie Heizung, Belüftung, Werkstatt, Lagerräume, und auf die hatten wir es abgesehen. Die massiven Türklinken selbst in den Toiletten-Räumen haben die Form einer liegenden Achtelnote(!). Der für die Heizung vorgesehene Raum wurde zum Stimmzimmer für Chor und Holzinstrumente, mit Schließfächern für Handtasche und Instrumentenhülle, die Bläser sich mussten in einem zweiten Raum vorbereiten. Die (Koks-)Heizung verschwand im Keller und wurde mit dem Bau der Uni ans Fernwärmenetz angeschlossen.  Dieser Riesenraum beeindruckt, weil man sich die Schufterei des Hausmeisters vorstellen konnte, die notwendig war, um ausreichend Wärme in den Bau zu bringen! Dafür funktioniert die geräuschlose und zugfreie Belüftung automatisch aus einem gemauerten Kellerraum als Luftfang heraus und mit Durchluft durch mindestens 3 Filtersysteme, die den jeweiligen Bedarf mit Lüftungsklappen selbsttätig regeln. Die notwendigen Ventilatoren arbeiten auch eigenständig und sind Produkte von Junkers in Dessau.  Weil das meiste automatisch klappt, fiel im Jahr 2000  ein Wasserrohrbruch erst nach fünf Tagen auf, denn es kam über Ostern keiner zum Kontrollieren! Er hatte Heizung und Lüftungs-Keller geflutet, aber die unermüdlichen Elektromotoren zum Glück nicht erreicht. So blieb es bei einem Spielzeit-Ausfall von nur 5 Tagen.

Für die Elektrik gibt es einen riesigen Schaltschrank mit mechanischen Reglern und Rädern, der das Herz eines jeden Elektrikers höherschlagen lässt! Mit einem noch heute wichtigen Messgerät kann man die Temperatur in jedem Raum des Baus abrufen (für Musiker und ihre Instrumente gaaaanz wichtig), mit einem zweiten die Fontäne im Ententeich abschalten, falls sie den Musikgenuss stören würde! Alles andere ist so weit wie möglich modernisiert, aber man kann eben keine LED in einen Jugendstil-Lüster einsetzen, ohne dem Original wehzutun. Auf die Frage, warum man nicht alles modernisiert habe, antwortete Herr Stimpfle mal, warum denn, wenn doch alles Wesentliche immer noch funktioniere!

Drei kleine Räume im ersten Stock mit Blick ins Grüne sind den Dirigenten, den Solo-Künstlern und VIPs vorbehalten, jeder mit Liege, eigener Dusche und WC. Ein Chor muss im Backstage-Bereich auf den Innentreppen rechts und links Aufstellung nehmen, man kann sich vorstellen, dass das mit maximal möglichen 240 Chormitgliedern geprobt werden muss! Die maximal möglichen 90 Orchester-Musiker kommen auch von da. Nur der Dirigent kommt von vorn! Wir wussten auch nicht, dass die Oetker -Halle eine Sauer-Orgel mit 4200 Holz- und Metallpfeifen hinter der Bühne ihr Eigen nennt, deren Spieltisch sich allerdings im großen Saal befindet.  Es gibt über der Bühne im großen Saal auch einen Platz für manchmal notwendige Fern-Musik, bei dem die Musiker durch einen zweiten Dirigenten ihre Hinweise zur Spielweise bekommen.

Im früheren Garderoben-Foyer wurde 2018 ein gastlicher Ort eingebaut, wo man sich entspannt verabreden, auf die Partner/in warten und ein Gläschen vor oder nach dem Konzert trinken kann. Vorher gab es noch nicht einmal für berühmte Musiker eine Verköstigung, außer sie sorgten selbst dafür. Nur der Hausmeister konnte sich Kaffee oder heißes Wasser machen.

Es war ein spannender Bereich der Kulturszene Bielefelds, den wir anders als sonst kennenlernen durften. Und wo funktioniert ein Konzertbau nach fast hundert Jahren noch nahezu im Original-Zustand mit der eindeutig festgestellten hohen akustischen Qualität! Wir können auf die Oetker-Halle stolz sein! Und sollten sie immer besuchen, wenn wir etwas interessantes im Programm entdecken, es lohnt sich immer! Unsere beiden Stadtführer haben wir mit dem Lohn des Künstlers – mit Applaus – verabschiedet!

 

 

USG